Der Textabschnitt Joh 1.45–50 stellt den Leser vor eine ganze Reihe von ‘Rätseln’, die er als Anspielungen auf Texte der Schrift verstehen und somit lösen kann. Der Leser beginnt somit den Text ‘auf mehreren Ebenen’ gleichzeitig zu lesen, wird hineingezogen in die Sprachwelt des Johannesevangeliums, in der Aussagen häufig mehr als eine Bedeutung haben können. Häufig versteht er mehr als die Akteure des Textes. Dieses Verhältnis dreht sich nun bei der Gestalt des Natanael um: die rätselhafte Aussage Jesu, er habe Natanael ‘unter dem Feigenbaum’ gesehen, bevor Philippus ihn gerufen habe, läßt sich nun nicht eindeutig als Anspielung auflösen. Der durch die bisherigen Entdeckungen sensibilisierte Leser tappt in die Falle des unlösbaren Rätsels: der innertextliche Charakter Natanael weiß gemeinsam mit Jesus etwas, was der Leser nicht zur letzten Zufriedenheit aufklären kann. Damit bleibt die innertextliche Gestalt Natanael dem Leser zumindest in einem Punkt überlegen – zusätzlich vielleicht eine Erklärung für die reiche Wirkungsgeschichte des Natanaelfigur.