Selbstverletzendes Verhalten stellt kein einheitliches, sondern für die klinisch psychologische Forschung sehr komplexes, und noch unzureichend erklärtes Phänomen dar. Selbstschädigendes Verhalten kann viele Formen annehmen und in direkter oder indirekter Form gezeigt werden. Zu den indirekten Formen zählen Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenmissbrauch, Essstörungen, aber auch riskantes sexuelles Verhalten. Direktes selbstverletzendes Verhalten ist gleichbedeutend mit der offenen Verletzung oder Beschädigung des eigenen Körpers, welche nicht mit suizidalen Absichten einhergeht. Selbstverletzendes Verhalten hängt zumeist mit frühen traumatischen Erlebnissen zusammen, auf die nicht angemessen reagiert werden konnte.
Professionelle Helfer sind von der Komplexität und den häufig erschreckenden Arten selbstverletzenden Verhaltens massiv betroffen und suchen nach Erklärungen und Behandlungsmöglichkeiten. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lässt sich selbstverletzendes Verhalten nicht ausschließlich durch psychodynamische Konzepte erklären. Vielmehr muss heute auf biopsychosoziale Konzepte zurückgegriffen werden, wobei der Neurobiologie eine bedeutsame Rolle zukommt.
Eine am Anton Proksch Institut/Wien durchgeführte Studie liefert nun Forschungsdaten, die das Konzept einer „multi- impulsiven Persönlichkeit“ weiterentwickeln zu helfen vermögen.
Im Rahmen eines qualitativen Forschungsansatzes erfolgte die systematische Begutachtung eines umfassenden Bereiches von multi-impulsiven und selbstschädigenden Verhaltensweisen. Dadurch konnten Bedingungen, die das jeweilige Verhalten erklären bzw. hervorgebracht haben, identifiziert, und notwendige Bedingungen in Zusammenhang mit Behandlungsverlauf und Behandlungsform dieses komplexen Störungsbildes definiert werden.