Tonangebende Richtungen der Avantgarde haben aus der seit langem tiefgreifend schwelenden gesellschaftlichen Krise der Musik in diesem Jahrhundert die Konsequenz gezogen, musikalische Kunstwerke setzen zu können, die aller Konvention entrückt sind und keinen außermusikalischen Zwecken zu genügen haben. Aus frei mit dem Material umgehender Subjektivität heraus, die bereit ist — ohne das Engagement einer sozialen Selbstverpflichtung — ganz auf sich verwiesen und unter Erleiden einer zuweilen bitter quälenden Einsamkeit zu existieren, entstanden mithin Kompositionen, die ohne Rücksicht auf die nahe Mitwelt und die Realitäten ausschließlich an künstlerischen Notwendigkeiten orientiert waren. Neben der Anbiederung an die gemeine Menge mittels verbindlichen, gefälligen, von Trivialitäten und Klischees durchwirkten Werken der großen Zahl, rangen um keinen Konsensus nachsuchende, gänzlich frei sich wähnende “Schöpfer neuer Musik” um die Realisation von Tonstücken, die die Allgemeinheit brüskiert ablehnte. Paul Hindemith ist als “Bürger-schreck,” als aufrührerisches enfant terrible sowie als rücksichtslos empfundener “Neutöner” der letzt genannten Tendenz während einiger junger Jahre nachgefolgt. Mit dreistem Gestus schrieb und interpretierte er eine antiromantisch gemeinte Musik ohne Weihe, Pathos und konventionelle Schönheit. Diese frech wirkende Demonstration des Unbehagens am Etablierten wurde ihm zeitlebens nicht vergessen und mancherseits auch nicht verziehen, obwohl Hindemith sehr bald in einem Prozess von “Selbstbescheidung” (Winfried Zillig) davon abließ und gesellschaftlich wie auch künstlerisch um ein erneuertes Verhältnis des Einverständnisses bemüht war. Er ging einen Weg des “Hin und Zurück,” der ihm wieder eine Heimstatt eröffnen sollte und somit eine lebhafte Resonanz im Hier und Jetzt.