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Published online by Cambridge University Press: 17 July 2017
Im kanonischen Prozessrecht spielt der Zeugenzwang eine bedeutende Rolle. Er muss vielfach angewendet werden, um die ordnungsgemässe und gerechte Durchführung eines Prozesses zu gewährleisten; denn oft ist dem geistlichen Richter die Wahrheitsfindung nur dann möglich, wenn er Zeugen, die sich aus Hass oder Gunst gegenüber dem Kläger oder Beklagten oder aus Furcht vor Repressalien der Aussage zu entziehen suchen, zum Erscheinen vor Gericht und zur Zeugnisleistung durch Androhung oder Anwendung geistlicher Zensuren zwingen kann. Die folgenden Ausführungen befassen sich mit den Anfängen eines geordneten Zeugenzwanges im kanonischen Prozess des - Mittelalters, und zwar besonders mit der Handhabung des Zeugenzwanges in den päpstlichen Justizbriefen, in denen, aufgrund einer an der päpstlichen Kurie eingereichten Petition, vom Papste delegierten Richtern der Auftrag gegeben wurde, einen Prozess durchzuführen oder bestimmte, vom Papst angeordnete Massnahmen durchzusetzen. Die Untersuchung hat dabei eine doppelte Aufgabe: einmal gilt es, durch Untersuchung der nachher noch im einzelnen zu erörternden Testes-Klausel einen Beitrag zum Formelwesen der päpstlichen Justizbriefe und damit zur Diplomatik der Papsturkunden zu liefern, zum anderen aber durch Auswertung der dabei gewonnenen Ergebnisse unsere Kenntnis der Geschichte des kanonischen Prozesses zu erweitern.
1 Vgl. Pacaut, A., Alexandre III: Étude sur la conception du pouvoir pontifical dans sa pensée et dans son oeuvre (Paris 1956); vgl. dazu jedoch die kritischen Bemerkungen von F. Kempf in der Revue d'histoire ecclésiastique 52 (1957) 932ff. Die Summa Magistri Ro- landi ist ediert von F. Thaner (Innsbruck 1874).Google Scholar
2 Vgl. bes. München, Ν., Das kanonische Gerichtsverfahren und Strafrecht (2. Auflage, Köln-Neuss 1874) I 1371T.; Fournier, P., Les officialités au Moyen Age (Paris 1880) 187; Sägmüller, J. B., Lehrbuch des katholischen Kirchenrechts (3. Aufl. Freiburg 1914; im Folgenden wird immer diese Ausgabe zitiert, da in ihr noch nicht der Codex eingearbeitet und sie daher für unsere Zwecke massgebend ist) II 338f.; Hinschius, P., System des katholischen Kirchenrechts VI (Berlin 1897) 95ff.; Gross, K., Die Beweislehre im canonischen Prozess (Wien 1867–80); Heiner, F., Der kirchliche Straf prozess (Köln 1912) 76f.; ders., Der kirchliche Zivilprozess (Köln 1910) 96f.; ders., Katholisches Kirchenrecht (Paderborn 1909–10) II,r»8f.; sehr wichtig trotz des Alters: Molitor, W., Über kanonisches Gerichtsverfahren gegen Kleriker (Mainz 1856), bes. 159f.; Kantorowicz, H. U., Albertus Gandinus und das Strafrecht der Scholastik (Berlin 1907–26), bes. I 87ff.; Wernz, F. X., lus decretalium V (Prati 1914) § 622ff. S. 471 ff.; Eichmann, E., Das Prozessrecht des Codex iuris canonici (Paderborn 1921) 141 ff.; Plöchl, W. M., Geschichte des Kirchenrechts I (Wrien-München 1953) 382ff. Die meisten Darstellungen berühren unser Thema leider nur am Rande, wie die Geschichte des kanonischen Prozesses überhaupt ein Stiefkind der Forschung ist. Am brauchbarsten für unsere Zwecke sind die Werke von Molitor und München.Google Scholar
3 Corpus iuris canonici, ed. Friedberg, E., 2 Bde. (Leipzig 1879–81); ders., Quinque com- pilaliones cintiquae (Leipzig 1882).Google Scholar
4 Folgende Abkürzungen werden neben den in dieser Zeitschrift ohnedies üblichen (wie JL, Potthast) verwendet: Kehr, It. pont. = P. Kehr, Italia pontificia, bisher 8 Bde. (Bd. 9 und 10 von W. Holtzmann in Vorbereitung), (Berlin 1906–35); Holtzmann, Kan. Erg. = W. Holtzmann, ‘Kanonistische Ergänzungen zur Italia pontificia,’ Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 37 (1957) 55fi'. und 38 (1958) 67ff. sowie zusammen als Buchausgabe (Tübingen 1959; ich zitiere, um von den Differenzen der Seiten unabhängig zu sein, nach den fortlaufenden Nummern); Pressutti = Pressutti, P., Regesta Honorii Papae III (Rom 1888–95; zitiert nach laufender Nr.). Für freundliche Hinweise habe ich Prof. Holtzmann und Prof. Kuttner zu danken. Zu den frühen Dekretalensammlungen ausser den Spezialarbeiten, die jeweils angegeben werden, vgl. allgemein S. Kuttner, Reperto- rium der Kanonistik (1140–1234) (Studi e Testi 71; Città del Vaticano 1937); Stickler, À. M., II is tori a iuris canonici latini, I: Historia fontium (Turin 1950) 221ff.; zu den Dekretalisten und Prozessualisten: von Schulte, J. F., Die Geschichte der Quellen und Literatur des canonischen Rechts II (Stuttgart 1877); von Bethmann-Hollweg, M. A., Der germanisch-romanische Civilprozess im Mittelalter III (Der Civilprozess des gemeinen Rechts in geschichtlicher Entwicklung 6; Bonn 1874). Zu vergleichen sind jeweils die Artikel in den bisher erschienenen Faszikeln des Dictionnaire de droit canonique, hg. von Naz, R. (Paris 1935–1960, bis Fasz. 39). Über Gilbert und Alanus bes. von Heckel, R., ‘Die Dekretalensammlungen des Gilbertus und Alanus nach den Weingartener Handschriften,’ Zeitschrift für Rechtsgeschichte, kan. Abt. 29 (1940) 116ff. und weiterführend Kuttner, S., ‘The Collection of Alanus: A Concordance of its Two Recensions,’ Rivista di sioria del diritto italiano 25/27 (1953/54) 39ff. Über die Comp. I neuestens G. Fransen, ‘Les diverses formes de la Compilatio prima,’ Scrinium Lovaniense (Recueil de travaux d'histoire et de philologie, 4e sér. 24; Louvain 1961) 235ff.Google Scholar
5 Vgl. Anm. 2, bes. München I 137ff.; Heiner, Strafprozess 73ff.; ders., Zivilprozess 93ff.; eine frühe Erörterung des Problems (vor dem Liber Extra) bei Ricardus Anglicus, Summa de ordine iudiciario (ca. 1196) c. 30 ed. Wahrmund, L., Quellen zur Geschichte des römischkanonischen Prozesses im Mittelalter 2.3 (Innsbruck 1915) 48. Die im Liber Extra unterdrückten Dekretalen I Comp. 2.14.5, 6 und V Comp. 2.13.1 haben bei den Erörterungen der Dekretalisten, soweit ich sehe, keine Rolle gespielt.Google Scholar
6 Bedauerlicherweise hat selbst München die breiten Ausführungen der Dekretalisten über den Titel 21 des 2. Buches des Liber Extra, wie die von Gottfried von Trani, Innocenz IV., Hostiensis, Duranti, Antonius de Butrio und anderen nicht ausgewertet, sondern nur die Glosse und einiges andere verwertet. Eine umfassende Darstellung des Zeugenzwanges im kanonischen Prozess müsste diese Quellen ausschöpfen, was im Folgenden natürlich nur soweit geschehen kann, wie es für unser Thema in Frage kommt. Molitor (vgl. Anm. 2) hat wenigstens Duranti herangezogen.Google Scholar
7 München I 143ff.Google Scholar
8 Den bisherigen Forschungsstand über die Formelbücher für Justizbriefe findet man in dem auf eigenen Untersuchungen beruhenden Artikel von G. Barraclough, ‘Audientia litterarum contradictarum, ‘ DDC 1.1393ff.; dazu bes. Heckel, R. v., ‘Die Verordnung Innocenz’ III. über die absolute Ordination und die Forma “Cum secundum apostolum”,’ Historisches Jahrbuch der Görresgesellschaft 55 (1935), bes. 298ff.; ders., ‘Eine Kanzleianweisung über die schriftmässige Ausstattung der Papsturkunden aus dem 13. Jahrhundert in Durantis Speculum iudiciale,’ Festschrift für G. Leidinger (München 1930) 109ff.; Herde, P., Beiträge zum päpstlichen Kanzlei- und Urkundenwesen im dreizehnten Jahrhundert (Münchener Historische Studien, Abt. Geschichtliche Hilfswissenschaften 1; Kallmünz 1961) 114ff.; ders., ‘Ranshofener Urkundenstudien: Eine Petition an Papst Klemens IV. und zwei verfälschte Diplome Heinrichs III.’ Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 24 (1961) 191ff.; allgemein: Bresslau, H., Handbuch der Urkundenlchre für Deutschland und Italien 2.1 (2. Aufl. Berlin-Leipzig 1915) 269f.Google Scholar
9 Schillmann, F., Die Formularsammlung des Marinas von Eboli, I: Entstehung und Inhalt (Bibliothek des Preussischen Historischen Instituts in Rom 16; Rom 1926). Dazu vgl. jedoch C. Erdmann, ‘Zur Entstehung der Formelsammlung des Marinus von Eboli,’ Quellen und Forschungen aus ital. Arch. u. Bibl. 21 (1929/30) 176ff.Google Scholar
10 Vgl. unten Anm. 34a u. 104.Google Scholar
11 Teige, J., Beiträge zur Geschichte der Audientia litterarum contradictarum (Prag 1897) 47f.Google Scholar
12 Vgl. unten S. 265.Google Scholar
13 Dazu Barraclough loc. cit (vgl. Anm. 8).Google Scholar
14 von He ekel, R., ‘Das Aufkommen der ständigen Prokuratoren an der päpstlichen Kurie im 13. Jahrhundert,’ Miscellanea F. Ehrle II (Studi e Testi 38; Rom 1924); Barraclough, G., Public Notaries and the Papal Curia: A Calendar and a Study of a Formularium Notariorum from the Early Years of the Fourteenth Century (London 1934); Herde, Beiträge 80ff.Google Scholar
15 Göller, Ε., ‘Zur Geschichte des päpstlichen Supplikenwesens des 13. Jahrhunderts,’ Römische Quartalschrift 30 (1916/22) 78ff.; Barraclough, G., ‘Formulare für Suppliken aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts,’ Archiv für katholisches Kirchenrecht 115 (1935) 435ff.; Bartolom, F., ‘Suppliche pontificie dei secoli xni e xiv,’ Bullettino dell'Istituto Storico Italiano 67 (1955) Iff.; Herde, Beiträge, bes. 103f.Google Scholar
16 Vgl. Schaller, H. M., ‘Zur Entstehung der sogenannten Briefsammlung des Petrus de Vinea,’ Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 12 (1956) 114ff.; Erdmann (vgl. Anm. 9).Google Scholar
17 Die meisten der artes dictaminis sind gedruckt bei Rockinger, L., Briefsteller und Formelbücher des eilften bis vierzehnten Jahrhunderts (Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte 9; München 1863). Die neueste Literatur, die Rockinger teilweise berichtigt, bringt sehr vollständig Schaller, H. M., ‘Die Kanzlei Kaiser Friedrichs II: Ihr Personal und ihr Sprachstil, Teil 2/ Archiv für Diplomatik 4 (1958) 264ff. Vgl. auch Adalbertus Samaritanus, Praecepta dictaminum, ed. Schmale, F. J. (MGH, Quellen zur Geistesgeschichte des Mittelalters 3; Weimar 1961) Einleitung Iff.CrossRefGoogle Scholar
18 Barraclough loc. cit. (vgl. Anm. 8); Herde, Beiträge 164ff.Google Scholar
19 Uber den Beginn des päpstlichen Reskriptenwesens unter Papst Siricius (ab 384) nach dem Vorbild der römischen Kaiser bes. Caspar, E., Geschichte des Papsttums von den Anfängen bis zur Höhe der Weltherrschaft I (Tübingen 1930) 215t., 261 u.ö. Der Ausdruck ‘Dele- gationsreskripte’ ist verbreitet, etwa Wahrmund, Quellen 1.3 (1905) viii; 2.1 (1913) xxvi; ebenso Heiner, Straf prozess 27. Solche Delegationsreskripte umfassen allerdings nicht nur Prozessdelegationen (causae audiendae), sondern auch einfache Mandate. Zeitgenössische Definitionen bes. bei Wilhelmus de Drokeda, Summa aurea (ca. 1239–45) c. 398 (ed. Wahr m und 2.2.320ff.). Gottfried von Trani, Summa in tit. deer. (ed. Venedig 1564) 1 de rescr. 2f.: ‘ Rescripta pape vel prineipis sunt mandata, que ad instantiam alieuius vel aliquorum seu proprio motu vel ex relationibus absentium vel ex suggestione presentium vel ad consultationem facit vel cum aliquid alicui vel aliquibus corpori vel collegio, uni- versitati vel civitati mandatur seu indulgetur. Talia enim ius faciunt non generale sed speciale in negotiis et inter personas…’ Zu den Delegationsreskripten seit dem 12. Jahrhundert: G. Phillips, Kirchenrecht, 8 Bde. (Regensburg 1855–89), hier VI 752ff.; Hinschius I 173; München I 14ff.Google Scholar
20 Die Publikationen sind verzeichnet bei Santifaller, L., Neuere Editionen mittelalterlicher Königs- und Papsturkunden (Wien 1948) 43ff. u. 63ff.Google Scholar
21 Bartolom, F., ‘Per un censimento dei documenti pontifici da Innocenzo III a Martino V (escluso),’ Atti del Convegno di studi delle fonti del medio evo europeo in occasione del settan- tesimo della fondcizione dell'Istituto Storico Italiano (Rom 1957) 3ff. Zum Unternehmen vgl. auch Acht, P., ‘Der Recipe-Vermerk auf den Urkunden Papst Bonifaz’ VIII.,’ Zeit schrift für bayer. Landesgesch. 18 (1955) 243ff.; ders., ‘Drei Fälschungen von Papsturkundei des 13. Jahrhunderts,’ Bullettino dell'Archivio paleografico italiano n.s. 2-3 (1956/57) parte I, 33ff.Google Scholar
22 Für Honorius III liesse sich Pressutti nachtragen, vgl. Anm. 4.Google Scholar
23 Vgl. Santifaller 40ff.Google Scholar
24 Hinschius I 174f.; Einfluss in England: Maitland, F. W., lioman Canon Law in th Church of England (London 1898) 104ff.; Pollock, F. und Maitland, F. W., The History ο English Law before the Time of Edward /, I (2. Aufl. Cambridge 1898) 114ff., 131ff.; fü Böhmen: Ott, è., Beiträge zur Receptionsgeschichte des römisch-kanonischen Prozesses in dei böhmischen Ländern (Leipzig 1879) 114ff.Google Scholar
25 Brentano, R., York Metropolitan Jurisdiction and Papal Judges Delegate (1279–1296 (Berkeley und Los Angeles 1959).Google Scholar
26 Anweisungen über den Prozess vor delegierten Richtern bieten etwa die Summa Mi norum des Magister Arnulphus (ca. 1250–54, ed. Wahrmund, Quellen 1.2 [1905]; der Curiali (1251–70, anonym, c. 67ff., ed. Wahrmund 1.3 [1905] 21ff.; dort ist e. 69, S. 22 Zeile 6 von unten, terris, nicht talibus zu lesen). Über die Justizsuppliken, die an der Kurie eingereicht wurden, bes. Wilhelmus de Drokeda, Summa aurea (ca. 1239–45) c. Iff. (ed. Wahrmund 2.2 [1914] 7ff.) und Aegidius de Fuscarariis, Ordo iudiciarius (ca. 1262–66, ed. Wahrmund 3.1 [1916]). Sehr dürftig ist der Artikel von J. Deshusses, ‘Gilles de Foscarari,’ DDG 5.967f., der noch nicht einmal Wahrmunds Edition zu kennen scheint.Google Scholar
27 Vgl. oben Anm. 5.Google Scholar
28 Oben I.Google Scholar
29 Berger, E., Les registres d'Innocent IV, I (Paris 1884) xlix Anm. 1, li Anm. 4; liii, lix, lxiii. nicht sonderlich vertrauten Kopisten aus einen Kanzleiexemplar halte. Über die Testes- Ivlausel fol. 49: ‘Nota, quod, quando in hac materia [d.h. super manuum iniectione] contra clericum impetratur et generaliter in criminalibus non datur hec clausula Testes, et si ad- ponatur, debet rescribi.’ (Vgl. die Vulgataredaktion unten, Beilage 2 §§5-7.)Google Scholar
30 Giry, A., Manuel de diplomatique (Paris 1894) 682 Anm.; Recueil de fac-similés a l'usage de l'Ecole des Chartes n. 316. Eine vollständige Photographie wurde mir mit Genehmigung der Erben des Grafen Durrieu durch Mme Vielliard vom Institut de Recherche et d'Histoire des Textes, Paris, zur Verfügung gestellt.Google Scholar
31 Fawtier, R., Les registres de Boniface VIII, IV (Paris 1934) Introduction S. xviii Anm. 4.Google Scholar
32 Berger xlix (1) Anm. 1 lässt offen, ob die Handschrift aus der Zeit Innocenz’ III. oder IV. stammt. Giry äussert sich nicht bestimmt über die Abfassungszeit. Fawtier xviii Anm. 4 gibt ohne ausreichenden Grund als Entstehungszeit die Mitte des 13. Jh. an (ähnlich Barraclough in DDG 1.1394). Die erhaltenen Namensreste weisen aber auf Gregor IX., wobei noch eine ältere Schicht in zwei Namenssiglen H(onorius III.) und I(nnocenz III.) zu erkennen ist. Vgl. auch R. von Heckei, ‘Absolute Ordination’ (oben Anm. 8) 301. Die Sammlung weist bereits in grossen Zügen die Einteilung der späteren Vulgataredaktion des formularium audientiae auf; für Einzelheiten muss ich auf meine Edition verweisen. Die Handschrift ist so fehlerhaft, dass ich sie für die Abschrift eines mit dem Kurialstil ni cht sonde rlich vertrauten Kopisten aus einen Kanzleiexemplar halte. Uber die TestesKlausel fol. 49 : ‘Nota, quod, quando in hac materia [d.h. super manuum iniectione] contra cleri cum impetratur et generaliter in criminallbus non datur hec clausula Testes, et si adpon atur, deb et rescribi.’ (Vgl. die Vulgataredaktion unten, Beilage 2 §§ 5-7.)Google Scholar
33 Es ist Cod. iurid. 90g der Universitätsbibliothek Göttingen; Beschreibung von W. Meyer, Verzeichnis der Handschriften im preussischen Staate, I: Hannover, 1: Göttingen Bd. 1 (Berlin 1893) 329f., der aber irrt, wenn er den Papstnamen auf Klemens VI. deutet: es ist Klemens IV.; G. Barraclough, ‘The Chancery Ordinance of Nicholas III: A Study of the Sources,’ Quellen und Forschungen 25 (1933/34) 213, 220; Herde, Beiträge (Anm. 8) 114.Google Scholar
34 Vgl. de Ricci, S. - Wilson, W. J., Census of Medieval and Renaissance Manuscripts in the United States and Canada II (New York 1937) 2107 Nr. 4. Einen Mikrofilm stellte mir die Bibliothek der University of Pennsylvania freundlicherweise zur Verfügung.Google Scholar
34a Über die Handschrift vgl. vorläufig Haskins, Ch. H., ‘Two Roman Formularies in Philadelphia,’ Miscellanea F. Ehrle IV (Studi e Testi 40; Rom 1924) 275ff. Der von Haskins gedruckte Teil, S. 278, umfasst die Optime conclusiones 99-111 der angekündigten Edition.Google Scholar
35 Vgl. meine Angaben in ‘Ein unbekanntes Begleitschreiben Rudolfs von Habsburg für Giffrid von Anagni,’ Hist. Jahrb. 81 (1962). fur Giffrid von An agni,’ Hist, Jalirb, 81 (1962). Google Scholar
36 Bibl. Apost olica Vaticana, Ottob. lat. 762; Barraclough, DDC 1.1394. Die Namensreste weisen auf Gregor X., obschon die Abschrift selbst dem 14. Jh. angehort,Google Scholar
37 Über die Namensform vgl. von Heekel, R., ‘Eine Kanzleianweisung’ (vgl. Anm. 8), 112 Anm. 4; daselbst 112f. über die Datierung der beiden Redaktionen, wobei er gegen Schulte (Geschichte der Quellen II 149) wieder zur Datierung F. C. von Savignys (Geschichte des römischen Rechts im Mittelalter, 2. Aufl. V 575 und 584) zurückkehrt. Ausführlich Falletti, L., ‘Guillaume Durand,’ DDC 5.1014ff. mit älterer Literatur, der ohne Kenntnis Heckeis zu demselben Ansatz der zweiten Redaktion kommt (Sp. 1032); nur den terminus post quem erweist er als 1289 (Heckel: 1287).Google Scholar
38 Vgl. Schulte II 149f.; Molitor (vgl. Anm. 2) 139ff.Google Scholar
39 Teige, Beiträge (vgl. Anm. 11) bes. 47f.Google Scholar
40 von Heckel, ‘Eine Kanzleianweisung’ 109ff.Google Scholar
41 Schulte II 145; Falletti 1018ff.Google Scholar
42 Über den kirchenrechtlichen Status der päpstlichen Subdiakone und Kapläne vgl. Elze, R., ‘Die päpstliche Kapelle im 12. und 13. Jahrhundert,’ Zeitschrift für Rechtsgesch. kan. Abt. 36 (1950), 145ff.Google Scholar
43 Schulte II 88; Kuttner, S., ‘Der Kardinalat des Gottfried von Trani’ (Exkurs), Studia ei documenta historiae et iuris 6 (1940) 124ff.; Herde, Beiträge 17f.Google Scholar
44 Vgl. Anm. 104.Google Scholar
45 Bresslau, H., Urkundenlehre (vgl. Anm. 8) I 284 Anm. 1; Herde, Beiträge 72.Google Scholar
46 Ich benutze im Folgenden die Ausgabe Frankfurt am Main 1570; über das Werk und seine Entstehungszeit vgl. Schulte II 91 ff. und, diesen teilweise berichtigend, S. Kuttner, ‘Die Konstitutionen des ersten allgemeinen Konzils von Lyon,’ Studia et documenta historiae et iuris 6 (1940) 112ff.; P.-J. Kessler, ‘Untersuchungen über die Novellengesetzgebung Papst Innozenz’ IV.,’ Zeitschrift für Rechlsgesch. kan. Abt. 32 (1943) 366ff.Google Scholar
47 Schulte II 123ff.; Ch. Lefebvre in DDC 5.1211ff.Google Scholar
48 Schulte II 289ff.Google Scholar
49 Commentaria (ed. Venedig 1578) 2 de test. cog. (c.) 10 (η.) 4.Google Scholar
50 von Heckel, ‘Eine Kanzleianweisung’ (vgl. Anm. 8) 114.Google Scholar
51 von Heckel, ‘Absolute Ordination’ (vgl. Anm. 8) 298f.Google Scholar
52 Vgl. Anm. 30. Genaue Begründungen wird die Edition des Formularium audientiae bringen.Google Scholar
53 Vgl. Anm. 9; die Optime conclusiones finden sich allerdings erst in den nach 1270 hinzugekommenen Zusätzen.Google Scholar
54 Vgl. Die Angaben in Anm. 34a.Google Scholar
55 Vgl. Anm. 104.Google Scholar
56 Vgi. Anm. 33.Google Scholar
57 Summa in lit. deer. (ed. Venedig 1564) 2 de test. cog. η. 3 (bezüglich der Kriminalsachen): ‘Sed si clausula illa Testes autem non adiciatur in litteris, ut solet fieri, cum in litteris habetur mentio de criminibus, nichilominus iudex ad iura se referat et cogat vel non cogat testes… ‘Google Scholar
58 Summa aurca (ed. Venedig 1570) 2 de test. cog. η. 5: ‘Sed si illa clausula [sc. Testes] non apponatur, iudex nichilominus compellet testes, secundum quod iuri congruit… ‘ Nach Aufführung derjenigen Personen, gegen die kein Zeugenzwang erlaubt war, führt er aus (2 de test. cog. n. 1): ‘Videtur tamen, quod omnes predicti cogendi sunt, si Veritas alias sciri non potest vel inveniri, 14. q. 2 quamquam (C. 16 q. 2 c. 2), extra eod. cum super (X 2.21.2). Nam iudex veritatem elicere debet modis omnibus, quibus potest.’Google Scholar
59 Spec. 1 de leste § 13 de testium compulsione n. 18 (ed. Venedig 1585): ‘Et nota, quod in predieta clausula Testes aulem etc., que habetur extra de test. cog. c. 1 (X 2.21.1), semper testes intelliguntur se subtrahere; quando non potest aliter Veritas haberi vel parère in civilibus: in quibus cogitur quis certificari, quia tunc celare veritatem peccatum est…, nisi hanc presumptionem alia elidat, puta quia est religiosus et ideo magis vereretur iurare vel alia consimilia. In criminali autem et ubi non est peccatum celare veritatem, non presumi- tur se aliter subtrahere is, qui non vult testificari, ideoque cogendus non est, nisi manifeste malitia appareat, ut extra de test. cog. pervenit (X 2.21.5). Item in omnibus casibus, in quibus testes non coguntur, cogi debent, si alie probationes deficiunt, etiam si non se sub- trahunt gratia, odio vel timoré, ut eodem cap.’Google Scholar
60 Schulte II 278ff. — Commentaria (ed. Bologna 1581) 2 de test. cog. 1.4.Google Scholar
61 Schulte II 289ff.; A. Amanieu in DDC 1.630f. — Commentaria (ed. Venedig 1578) 2 de test. cog. 3.7 and 5.3; 10.4, 5.Google Scholar
62 Beilage 1 § 16: ‘Sed ne premissi casus faciant te errare…’ Gottfried von Trani hebt die Regel, bei Kriminalsachen die Testes-Klausel nicht zu setzen (s. unten), von der Diskussion der Dekretalisten ausdrücklich als consuetudo curie Romane ab (vgl. Anm. 104).Google Scholar
63 Duranti, Beilage 1 § 1 und Formularium audientiae (künftig zitiert FA) Beilage 2 § 1. Dagegen wird die Klausel nach Ausweis der Formeln gesetzt, wenn die Klage nur gegen Laien gerichtet ist. Das FA nennt die Pfandsachen in den Notulae nicht ausdrücklich, weil die Pfandleihe ja eine der häufigsten Formen des Wuchergeschäftes war; im Kapitel über die Pfandsachen in den Formeln wird die Testes-Klausel wie bei den Wuchersachen erwähnt (in der Edition de pignorum detentione 16-30).Google Scholar
64 Beilage 1 § 1 ‘… pro quibus est presumptio, non contra eas.’ Dem widerspricht nach Duranti nicht X 5.32.2. Bei Wuchersachen kann^ jedoch auch Notorietät vorliegen, die den Zeugenbeweis und damit den Zeugenzwang überhaupt überflüssig macht, vgl. J. P. Lévy, La hiérarchie des preuves dans le droit savant du Moyen Age depuis la Renaissance du Droit Romain jusqu'à la fin du XIVe siècle (Annales de l'Université de Lyon, 3e sér. 5; Paris 1939) 37f. Die früher vertretene Anschauung, dass Laien überhaupt nicht gegen Kleriker und Kleriker nicht gegen Laien Zeugnis ablegen dürften (so noch die Rhetorica ecclesiastica, ca. 1160–80, ed. Wahrmund, Quellen 1.4 [1906] 72 in Anlehnung an C. 2 q. 5 c. 4 und q. 7 c. 6, nach der Berichtigung Wahrmunds) war jedenfalls im FA nicht mehr berücksichtigt. Vgl. auch den Ordo iudiciarius ‘ Scientiam’ (ca. 1235–40) c. 29 (ed. Wahrmund 2.1 [1913], 53f.), der nur noch bei Kriminalsachen die Aussage von Laien gegen Kleriker ablehnt; dem entspricht noch das Verbot der Testes-Klausel in FA § 7. Der Ordo ‘ Invocato Christi nomine’ (ca. 1198; ed. Wahrmund 5.1 [Heidelberg 1931] lOlf.) geht noch weiter: ‘Verumtamen in causis ecclesiasticis nemo testis ex ordine compellitur. Nam Romana ecclesia neminem consuevit compellere ad perhibendum testimonium veritati, ut in extra quamvis simus’ (I Comp. 2.13.13).Google Scholar
65 ConC. Lat. IV c. 60 = IV Comp. 5.10 c. un. = X 5.31.12. Dadurch versuchte der Papst die zu den causae maiores gerechneten Ehesachen den rangniedrigeren Prälaten, besonders dem Archidiakon, der sie vorher vielfach ausgeübt hatte, zu entziehen, vgl. schon R. Dove, De iurisdictionis ecclesiasticae apud Germanos Gallosque progressu (Berlin 1855) 84f.; T. H. Kay, Competence in Matrimonial Procedure (Diss. Cath. Univ. Washington 1929) 51ff.Google Scholar
66 Duranti § 2; FA § 3. unterscheidet ebenfalls beide Arten; er hält beide für unerlaubt. Er zeigt, dass im römischen Recht die Frage umstritten war, ob eine auf bewiesenen Tatbeständen beruhende diffcimatio erlaubt sei. Das kanonische Recht und die Theologie verwarf nach ihm beide Arten als gegen den Ruf des Nächsten gerichtet. Er führt aber ausser Thomas von Aquin nur neuzeitliche Autoren an. Die Formeln (FA 72f.) sprechen im Zusammenhang mit der diffamatio davon, dass der Beklagte den Kläger ‘ falso asserens diffamavit,’ meinen also ausschliesslich die kalumniöse Diffamation nach Naz und Ortolan. Der Begriff erscheint in der zeitgenössischen Terminologie jedoch auch ohne negative Bedeutung als ‘Anzeige’ (denuntiatio), etwa X 5.1.24 vgl. R. Naz, ‘Inquisition,’ DDC 5.1418f.; Heiner, Strafprozess 51f.Google Scholar
67 München I 128; Sägmüller II 220ff.; Ricardus Anglicus, Summa de ord. iud. (ca. 1196) c. 30 (ed. Wahrmund 2.3.48). Schon Bulgarus, Excerpta legum (vor 1148, ed. Wahrmund 4.1 [1925] 5) sagt in diesem Zusammenhang: ‘Contra cognatum admittimur volentes… Interdum inviti excusamur et volentes repellimur, ut liberi contra parentes et econverso. ‘ Über Gratians Lehre vgl. M. von Möra, Beiträge zur Geschichte des kirchlichen Prozessrechtes im XII. Jahrhundert: Die Frage des Zivilprozesses und der Beweislast bei Gratian (Jahrbuch des Graf Kuno Klebeisberg Instituts für ungarische Geschichtsforschung in Wien 7; Budapest 1937) 31. Vgl. Heiner, Strafprozess 73; ders., Zivilprozess 93. Bei Ehebruch war das Verfahren jedoch eher ein Strafverfahren als ein Zivilverfahren (schon bei Gratian, vgl. Mora 29f.), so dass hier das unten über den Fortfall des Zeugenzwangs bei Kriminalfällen im Strafverfahren gesagte gilt. Ausserdem kann in Ehesachen Notorietät gegeben sein, vgl. Lévy 37f.Google Scholar
68 Vgl. Anm. 102. Innocenz IV. App. 2 de teste c. 22.Google Scholar
69 Super V libr. decr. 2 de test. cog. 1.1: ‘In causa matrimoniali cogendi sunt testes.’ Vgl. auch 2 de test. cog. 6.1.Google Scholar
70 Commentaria (ed. Venedig 1580) 2 de test. cog. 1.1; vgl. Schulte II 275f.; G. Chevrier in DDC 2.39ff.Google Scholar
71 Commentaria 2 de test. cog. 1.1 (vgl. Anm. 60).Google Scholar
72 In der Edition demnächst π 18 u. Κ 4.Google Scholar
73 Duranti § 5.Google Scholar
74 FA § 4. Die prozessrechtliche Bedeutung der diffamatio würde eine Untersuchung rechtfertigen. R. Naz, ‘Diffamation,’ DDC 4.1224f. behandelt nur die nachtridentinische Periode; er unterscheidet von der kalumniösen, strafbaren Diffamation — die dann vorliegt, wenn sie eine unwahre und unbeweisbare Behauptung impliziert - eine andere, die sich auf beweisbare Tatsachen stützt. T. Ortolan, ‘Diffamation,’ DThC 4.1300ff. unLerscheidcL eben fall s be id e ArLen; er halt beide Iur unerlaubt. Er zeigt, dass im rornischen R echt die Frage umstritten war, ob eine auf bewicsenen Tatbest.anden beruhende diffamatiocrlaubt sci. Das kanonische Recht und die Theologie verwarf nach ihm beide Arten als gegen den Ruf des Nachsten gerichtet. Er fiihrt abel’ ausser Thomas von Aquin nul’ neuzeitliche Autoren an. Die Formeln (FA 72f.) sprechen im Zusammenhang mit del’ ditfamatio davon, dass del’ Beklagte den Klager ‘falso asserens diffamavit,’ meinen also ausschliesslich die kalumniose Diff'amat.ion nach Naz und Ortolan. Del’ Begriff erscheint in del’ zeitgeno ssischen Terminologie jedoch auch ohne negative Bedeutung als ‘Anzeige’ (denuntiatio), etwa X 5.1.24 vgl. R. Naz, ‘Inquisition,’ DDC 5.1418f.; Heiner, Strajprozess 51f.Google Scholar
75 Notula 54 meiner Edition; desgl. in den Formeln Nr. 73.3: ‘Item nota, quod laicus super diffamatione iinpetrare non potest etiam contra clericum. ‘ Das war jedoch nicht immer die Regel, denn ein Zusatz zu FA § 4 in D (in der Edition in der Beilage 2 fortgelassen) spricht ausdrücklich davon, dass am 6. Dezember 1399 der päpstliche Notar Bar- tholomaeus Francischi, der unter Bonifaz IX. als stellvertretender Kanzleileiter die Geschäfte führte (vgl. Bresslau, Urkundenlehre I 262), die Entscheidung traf, dass die Klausel sowohl bei Klagen von Klerikern als auch von Laien bezüglich einer diffamatio fortzufallen hatte.Google Scholar
76 Ch. Lea, H., A History of the Inquisition of the Middle Ages I (London 1888) 425ff. und 436f.Google Scholar
77 er Notorietät vgl. J. P. Lévy (Anm. 64); gegen diffamierte Kleriker schritt der Bischof ex officio ein, ohne dass eine formelle Anklage oder Denunziation vorlag. Die Kleriker mussten den Reinigungseid leisten, so dass es oft wohl zu keinem eigentlichen Verfahren kam, vgl. Heiner, Strafprozess 51f.Google Scholar
78 Schmidt, R., ‘Königsrecht, Kirchenrecht und Stadtrecht beim Aufbau des Inquisitionsprozesses,’ Festgabe für Rudolph Sohm (München-Leipzig 1914); ders., ‘Die Herkunft des Inquisitionsprozesses,’ Festschrift der Universität Freiburg zum Regierungsju- biläum Grossherzogs Friedrichs I (Leipzig 1902).Google Scholar
79 nchen I 472ff., 485ff.; Sägmüller II 331ff.; Hinschius V (1895) 485ff.; Lea I 305ff.; Kantorowicz, Albertus Gandinus (vgl. oben Anm. 2) I 121ff.; Eichmann 26f.; R. Naz in DDC 5.1418ff.; Feine, Η. Ε., Kirchliche Rechtsgeschichte I (3. Aufl. Weimar 1955) 388ff.; Plöchl, W. M., Geschichte des Kirchenrechts II (Wien-München 1955) 316ff.; Molitor 136ff.; Lefèbvre, Ch., ‘Contribution à l'étude des origines et du développement de la denuntiatio evangelica,’ Ephemerides iuris canonici 6 (1950) 60ff. Uber die Ketzerinquisition vgl. neben Lea (Anm. 76) Guiraud, J., Histoire de l'inquisition au Moyen Age (Paris 1935–38); Mai- sonneuve, H., Études sur les origines de l'inquisition (L'Église et l'État au Moyen Age, hg. von G. Le Bras, 7; 2. Aufl. Paris 1960); weitere Literatur bei A. Erler in Die Religion in Geschichte und Gegenwart 3 (3. Aufl. Tübingen 1959) 769ff.; Mikat, P. in LThK 5 (2. Aufl. 1960) 698ff. Die neueren Arbeiten sind fast ausschliesslich auf die Ketzerinquisition abgestellt.Google Scholar
80 Bes. Hinschius Y 353f.Google Scholar
81 Eichmann 27ff.; Plöchl II 318. Auch die Dekretalisten schieden nach dem Vorbild Innocenz’ III. (X 5.3.31) zwischen Inquisitions- und Denuntiationsprozess, vgl. folgende Anm.Google Scholar
82 X 2.21.8: ‘Ceterum volumus et presentium vobis auctoritate mandamus, ut super inquisitionis articulis tarn de fama electi quam litteris contra cum sub nomine longe maioris et sanioris partis capituli destinatis cogatis testes, qui nominati fuerint, perhibere testimonium veritati.’Google Scholar
83 Duranti § 5.Google Scholar
84 Apparatus 2 de test. cog. 1: ‘In causa autem inquisitionis compelluntur testes … et in causis spiritualibus…; in causa etiam denuntiationis coguntur.’ Zur Unterscheidung beider Arten bes. bei Aegidius de Fuscarariis, Ordo iudiciarius (1262–66) c. 87f. (ed. Wahrmund 3.1.154ff.). Anderer Auffassung über den Zeugenzwang im Denuntiationsverfahren war noch die Damasus zugeschriebene Summa de ordine iudiciurio (1210–15), vgl. Anm. 92a. Die inquisitio setzt sie mit dem Zivilverfahren gegen Verbrechen gleich und gestattet den Zeugenzwang in Anlehnung an III Comp. 5.1.3 (= X 2.21.8).Google Scholar
85 Duranti § 13; FA § 5.Google Scholar
86 Duranti § 13; entsprechend Hs. Durrieu fol. 49. Dass die Gewaltanwendung gegen Kleriker neben den Kriminalsachen, zu denen sie ja eigentlich gehört, besonders angeführt wird, liegt daran, dass Delegationsreskripte dafür besonders häufig waren und eine eigene Gruppe von Formeln dafür im FA enthalten ist (58-71).Google Scholar
87 Duranti § 4; FA § 6 und 7.Google Scholar
88 München I 142ff.Google Scholar
89 X 2.21.3 (dazu und zu den folgenden Dekretalen oben I).Google Scholar
90 X 2.21.5.Google Scholar
91 X 2.21.4.Google Scholar
92 X 2.21.9.Google Scholar
92a Dass Honorius hier jedoch an eine bereits unter den Kanonisten verbreitete Lehrmeinung anknüpfte, zeigt deutlich die Damasus zugeschriebene Summa de ordine iudiciario (1210–15) c. 81 (cd. Wahrmund 4.4 [1926] 56): ‘Item (compelluntur testes) in causis cri-minalibus civiliter intentatis, puta in inquisitione, ut extra III de accus, super his (III Comp. 5.1.3). Item in questione denuntiationis, licet quidam, nescio qua de causa, dubitent, quia cum compelluntur, ubi rem temporalem perdo propter veritatis defectum, ut in c. quamquam (C. 14 q. 2 c. 2), multo fortius compellentur, ubi perdo animam. In criminalibus dicunt doctores non compelli, quia ibi luce clariores debent esse probationes, ut C. de pro- bationibus 1. ult. (Cod. 4.19.25), arg. contra IV q. Ill § item in criminali, ver. [item] lege Iuiia’ (Grat. G. 4 q. 2-3 diet. p.c. 3).Google Scholar
93 Vgl. München I 143f.Google Scholar
94 Dass allerdings weder bei Gratian noch bei den Dekretalisten Zivil- und Strafprozess ganz konsequent geschieden sind, zeigt von Mora (vgl. Anm. 67) 22ff.Google Scholar
95 Summa 2 de test. cog. η. 1: ‘ Sed etiam in criminibus videtur testes fore cogendos… Et hec, que dixi, in criminibus obtinent, cum de crimine civiliter, non criminaliter agitur.’ Vgl. schon Bulgarus, Excerpta legum (vor 1148; ed. Wahrmund 4.1. 5): ‘Ad testimonium cogi possumus per iudicem et improbe versantes absque prescriptione fori coherceri. Ali- quando excusamur, sive in omnibus causis, ut senes valitudinarii, sive in aliquibus, veluti in publico crimine.’Google Scholar
96 App. 2 de test. cog. 1: ‘In criminali autem causa non coguntur testes…, sed si civiliter agitur de crimine, coguntur…’Google Scholar
97 Spec. 1 de teste 13.4: ‘In criminalibus autem secundum canones non sunt Lestes cogendi, sed monendi… In civilibus autem regulariter omnes coguntur, si se odio, gratia vel timoré vel favore subtraxerint… Et cum de crimine civiliter agitur, compelluntur extra eo. per- venit (X 2.21.5).’ Vgl. auch 3 de crim. in modum except, propos. 1.4.Google Scholar
98 Ed. H. U. Kantorowicz (vgl. Anm. 2) II 58 § 2.Google Scholar
99 Comm. 2 de test. cog. 1.7.Google Scholar
100 Comm. 2 de test. cog. 1.1; 10.1 und 5. Bemerkenswert sind seine Schlussfolgerungen 10.6: ‘Hic quero de vera conclusione, utrum in criminalibus testes compellantur. Teneo, quod hoc sit arbitrarium. Nam si testi imminet periculum, iudex non debet eum cogéré. Nam si non tenetur testificari in preiudicium coniunctorum, multo minus in preiudicium sui ipsius… Si autem non imminet magnum periculum, tunc debet compelli propter favo- rem publice discipline, ne delicta remaneant impunita.’Google Scholar
101 Comm. 2 de test. cog. 1.4; 3.1; 10.3 (mit gewissen Einschränkungen).Google Scholar
102 Summa aurea 2 de test. cog. 2: ‘ Dico ergo ab opinione antiquorum recedens…, quod in omnibus coguntur testes, sive sint cause pecuniarie, ut dictum est, sive matrimoniales… sive criminales… ‘ Weiter unten kommt er nochmals zum Ergebnis: ‘ Ergo in criminalibus, quando criminaliter agitur, omnes coguntur.’Google Scholar
103 Allerdings haben die zeitlich weit auseinanderliegenden Handschriften H (1. Redaktion) und Β (2. Redaktion) einen bemerkenswerten Zusatz. Danach wird die Testes-Klausel dann gesetzt, wenn in der Mandatsformel ‘partibus convocatis’ steht. Dass diese Wendung jedoch nur bei Zivilverfahren angewandt worden und damit der Unterscheidung der Ka- nonisten stattgegeben wäre, kann ich an den Formeln nicht feststellen; sie steht auch bei ausgesprochen Strafverfahren.Google Scholar
103a Vgl. ANM 57 Google Scholar
104 Vgl. Anm. 43. Summa 2 de test. cog. 3: ‘Consuetudo tamen Romane curie sic se habet in causis de facto, ut nullum testem cogat, ubi de crimine agitur qualitercunque de ipso agatur; et idem servat in litteris non apponendo clausulam consuetam Testes autem etc.’ Zuvor schreibt er: ‘Sunt autem compellendi per censuram ecclesiasticam, ut apparet ex forma litterarum domini pape per clausulam illam Testes autem etc.’ Er hat hier offensichtlich ein Formelbuch im Auge, vermutlich die Optime conclusiones. Google Scholar
105 Vgl. Anm. 18.Google Scholar
106 Duranti § 14; FA § 8 u. 25.Google Scholar
107 Zur kanonistischen Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Urkunden vgl. bes. X 2.22 cc. 2, 9, 15, dazu die Dekretalisten. München I 160ff.; Lévy 72ff. Im Widerstreit zwischen Zeugen- und Urkundenbeweis galt im allgemeinen der erstere als verbindlich, vgl. Lévy 86ff.Google Scholar
108 Innocenz III. X 2.19.7; vgl. auch Alexander III. I Comp. 4.1.14 = X 2.23.11 (JL 13969; dazu Kehr, It. pont. 6b. 274 Nr. 35; Holtzmann, Kan. Erg. Nr. 116f,). Vgl. den Ordo iudiciarius ‘Scientiam’ (ca. 1235–40) c. 30 (ed. Wahrmund 2.1. 57ff.); Ricardus Anglicus, Summa de ordine iud. (ca. 1196) c. 29 und 31 (ed. Wahrmund 2.3.39ff., 50ff.); Damasus, Summa de ordine iudiciario c. 82 (ed. Wahrmund 4.4.56f.); Aegidius de Fuscarariis, Ordo iudiciarius (1262–66) c. 59 (ed. Wahrmund 3.1.109ff.).Google Scholar
109 § 14: ‘…quia sufficiens est probatio per instrumentum.’Google Scholar
109a Duranti §§ 7, 9, 10, 14; FA §§ 10, 19, 20, 23, 24, 26. Hinsichtlich der Schriftlichkeit der Exkommunikationsurteile vgl. Innocenz III. X 2.19.7 (vgl. Anm. 108) und Innocenz IV. auf dem Konzil von Lyon 1245: c. 19 ‘Cum medicinalis’ (zur authentischen Sammlung der Konzilsschlüsse vgl. Kuttner [oben Anm. 46] 71 ff.) = Innocenz IV., Novellae Coli. III c. 35 (als c. 36 gedruckt bei Mansi 23.671; danach Ch. J. Hefele - H. Leclercq, Histoire des conciles d'après les documents originaux V 2 [Paris 1913] 1673) = Liber Sextus 5.11.1. Allgemein: D. A. Lemieux, The Sentence in Ecclesiastical Procedure (Diss. Cath. Univ. Washington 1934) 26. Auch Schiedssprüche wurden beurkundet; vgl. den umfassenden Beitrag von A. Amanieu, ‘Arbitrage,’ DDC 1.862ff. Von den Prozessualisten bes. Aegidius de Fuscarariis, Ordo iudiciarius c. 170 (ed. Wahrmund 3.1.240ff.).Google Scholar
110 X 2.19.11; dazu Molitor 121f.; Eichmann 23; Kantorowicz, Albertus Gcindinus I 87ff.; Aegidius de Fuscarariis, Ordo iudiciarius c. 70 (ed. Wahrmund 3.1.125ff.)Google Scholar
111 Duranti § 6; FA § 9. Duranti führt zur Erklärung C. 1 q. 7 c. 26 an (Theodosius u. Valentinian von 439, Cod. Iust. 9.27.6; ed. Krüger [Berlin 1877] 849f.).Google Scholar
112 Eichmann 28.Google Scholar
113 FA § 11. Hier lag wohl allgemein Notorietät vor. Im 13. Jahrhundert ging man zudem dazu über, den Zeitpunkt der Abreise zu beurkunden, vgl. die Formeln in der Formelsammlung aus der päpstlichen Kanzlei in Hs. Trier, Stadtbibliothek 859/1097 (dazu Anm. 35) fol. 37v und 40.Google Scholar
114 FA § 12 und 13.Google Scholar
115 Sägmüller II 325, 410. Ein Zusatz in den Hss. ADELB glossiert den Fortfall der Testes-Klausel bei Delegationen, die Mönche betreffen: ‘…abbas potest precipcre sub pena obedientie monacho suo quicquid sibi placet, cui monachus obcdire tenetur. ‘ Nach dem Zusatz gilt das jedoch nicht hinsichtlich des Priors eines dem Abt des Mutterklosters unterstellten Klosters, wenn der Befehl des Abtes gegen das Recht vcrstiess. Vgl. auch Duranti, Spec. 1 de teste § 1 n. 36: ‘Item excipitur, quod est monachus vel canonicus regularis vel conversus vel alius religiosus sub obedientia positgs, quia non potest esse testis sine eius licentia, cui subest… Funesta enim est eorum vox, quam potius interdici quam audiri oportet… Accursius tamen dicit simpliciter eos admittendos, quia non inveniuntur prohibiti… In causis tamen suarum ecelesiarum testifieari possunt.’Google Scholar
116 FA § 22.Google Scholar
117 FA § 18.Google Scholar
118 FA § 14; Sägmüller I 222.Google Scholar
119 FA § 15; über die Formel vgl. von Heckel, ‘Absolute Ordination’ (oben Anm. 8).Google Scholar
120 Uber litterae executoriae vgl. Bresslau, Urkundenlehre I 82 und II 158; Herde, Beiträge 52, 122, 142f. (= Konservatorenurkunden).Google Scholar
121 FA § 16; die zweite Redaktion spricht einfach von litterae crucesignatorum; dazu § 26a. Diese Urkundenarten tauchen hier auf, da im FA Formeln für sie aufgeführt sind. Uber die komplizierten Verhältnisse von litterae de gratia und litterae de iustitia zu den litterae cum serico (nicht: cum filo serico) und litterae cum filo canapis vgl. Herde, Beiträge 50ff.Google Scholar
122 Vgl. Anm. 109a.Google Scholar
123 Darüber vgl. Marinus von Eboli, De revocatoriis; fehlerhafte Edition von Teige, Beiträge (vgl. Anm. 11) xxixff. Eine kritische Edition auf breiter handschriftlicher Grundlage werde ich in Kürze veröffentlichen.Google Scholar
124 Duranti § 3; FA § 26. Auch hier ist wohl Notorietät anzunehmen.Google Scholar
125 Duranti § 16. Die Anweisung findet sich im FA § 26 nur in der späten Hs. B. Diese gibt dieselbe Begründung wie Duranti: ‘…quia ius commune facit pro eo, nisi allegaretur exemptio.’Google Scholar