Book contents
- Frontmatter
- Acknowledgments
- Contents
- Introduction
- Die angenehme Straf
- Die schöne Krämerin
- Der blonde Eckbert
- Das Erdbeben in Chili
- Unverhofftes Wiedersehen
- Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl
- Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau
- Die Judenbuche: Ein Sittengemälde aus dem Gebirgichten Westfalen
- Bergkristall
- L'Arrabbiata
- Krambambuli
- Bahnwärter Thiel: Novellistische Studie
- Das Erlebnis des Marschalls von Bassompierre
- Der violette Tod
- Das Schiff
- Das Urteil
Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau
Published online by Cambridge University Press: 28 April 2017
- Frontmatter
- Acknowledgments
- Contents
- Introduction
- Die angenehme Straf
- Die schöne Krämerin
- Der blonde Eckbert
- Das Erdbeben in Chili
- Unverhofftes Wiedersehen
- Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl
- Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau
- Die Judenbuche: Ein Sittengemälde aus dem Gebirgichten Westfalen
- Bergkristall
- L'Arrabbiata
- Krambambuli
- Bahnwärter Thiel: Novellistische Studie
- Das Erlebnis des Marschalls von Bassompierre
- Der violette Tod
- Das Schiff
- Das Urteil
Summary
Graf Dürande, der gute alte Kommandant von Marseille, saß einsam frierend an einem kalt stürmenden Oktoberabende bei dem schlecht eingerichteten Kamine seiner prachtvollen Kommandantenwohnung und rückte immer näher und näher zum Feuer, während die Kutschen zu einem großen Balle in der Straße vorüber rollten, und sein Kammerdiener Basset, der zugleich sein liebster Gesellschafter war, im Vorzimmer heftig schnarchte. Auch im südlichen Frankreich ist es nicht immer warm, dachte der alte Herr und schüttelte mit dem Kopfe, die Menschen bleiben auch da nicht immer jung, aber die lebhafte gesellige Bewegung nimmt so wenig Rücksicht auf das Alter, wie die Baukunst auf den Winter. Was sollte er, der Chef aller Invaliden, die damals (während des Siebenjährigen Krieges) die Besatzung von Marseille und seiner Forts ausmachten, mit seinem hölzernen Beine auf dem Balle, nicht einmal die Lieutenants seines Regiments waren zum Tanze zu brauchen. Hier am Kamine schien ihm dagegen sein hölzernes Bein höchst brauchbar, weil er den Basset nicht wecken mochte, um den Vorrat grüner Olivenäste, den er sich zur Seite hatte hinlegen lassen, allmählich in die Flamme zu schieben. Ein solches Feuer hat großen Reiz; die knisternde Flamme ist mit dem grünen Laube wie durchflochten, halbbrennend, halbgrünend erscheinen die Blätter wie verliebte Herzen. Auch der alte Herr dachte dabei an Jugendglanz und vertiefte sich in den Konstruktionen jener Feuerwerke, die er sonst schon für den Hof angeordnet hatte und spekulierte auf neue, noch mannigfachere Farbenstrahlen und Drehungen, durch welche er am Geburtstage des Königs die Marseiller überraschen wollte. Es sah nun leerer in seinem Kopfe als auf dem Balle aus. Aber in der Freude des Gelingens, wie er schon alles strahlen, sausen, prasseln, dann wieder alles in stiller Größe leuchten sah, hatte er immer mehr Olivenäste ins Feuer geschoben und nicht bemerkt, daß sein hölzernes Bein Feuer gefangen hatte und schon um ein Drittel abgebrannt war. Erst jetzt, als er aufspringen wollte, weil der große Schluß, das Aufsteigen von tausend Raketen, seine Einbildungskraft beflügelte und entflammte, bemerkte er, indem er auf seinen Polsterstuhl zurück sank, daß sein hölzernes Bein verkürzt sei und daß der Rest auch noch in besorglichen Flammen stehe.
- Type
- Chapter
- Information
- An Anthology of German Novellas , pp. 79 - 100Publisher: Boydell & BrewerPrint publication year: 2003