Book contents
- Frontmatter
- Contents
- Thomas P. Saine (1941–2013)
- On the Logic of Change in Goethe’s Work
- Space and Place in Goethe’s “Alexis und Dora”
- Countermemory in Karoline von Günderrode’s “Darthula nach Ossian”: A Female Warrior, Her Unruly Breast, and the Construction of Her Myth
- Bad Habits of the Heart: Werther’s Critique of Ill Humor in the Context of Contemporary Psychological Thought
- Confessions of a Childless Woman: Fictional Autobiography around 1800
- Faust’s Begehren: Revisiting the History of Political Economy in Faust II
- Sacrifice in Goethe’s Faust
- Constructions of Goethe versus Constructions of Kant in German Intellectual Culture, 1900–1925
- Das Innere der Natur und ihr Organ: von Albrecht von Haller zu Goethe
- Die Titelkupfer von Moritz Retzsch zu Goethes Ausgabe letzter Hand
- Zu Goethe und der Islam—Antwort auf die oft aufgeworfene Frage: War Goethe ein Muslim?
- Book Reviews
Das Innere der Natur und ihr Organ: von Albrecht von Haller zu Goethe
Published online by Cambridge University Press: 02 June 2023
- Frontmatter
- Contents
- Thomas P. Saine (1941–2013)
- On the Logic of Change in Goethe’s Work
- Space and Place in Goethe’s “Alexis und Dora”
- Countermemory in Karoline von Günderrode’s “Darthula nach Ossian”: A Female Warrior, Her Unruly Breast, and the Construction of Her Myth
- Bad Habits of the Heart: Werther’s Critique of Ill Humor in the Context of Contemporary Psychological Thought
- Confessions of a Childless Woman: Fictional Autobiography around 1800
- Faust’s Begehren: Revisiting the History of Political Economy in Faust II
- Sacrifice in Goethe’s Faust
- Constructions of Goethe versus Constructions of Kant in German Intellectual Culture, 1900–1925
- Das Innere der Natur und ihr Organ: von Albrecht von Haller zu Goethe
- Die Titelkupfer von Moritz Retzsch zu Goethes Ausgabe letzter Hand
- Zu Goethe und der Islam—Antwort auf die oft aufgeworfene Frage: War Goethe ein Muslim?
- Book Reviews
Summary
Jeder neue Gegenstand, wohl beschaut, schließt ein neues Organ in uns auf.
—WA: II 11 59GOETHES ÄUSSERUNGEN ÜBER DIE ERSCHLIESSUNG neuer “Organe” entfalten ihren vollen Sinn im Kontext einer terminologischen Geschichte (um den Wortstamm organ- und seiner semantischen Metamorphosen), die für unser Verständnis der Goethezeit wesentlich ist. Das Problem der metaphysischen Erkenntnis nach Kant ist dieser Terminologiegeschichte we sentlich verbunden. Ein Organ ist gleichzeitig Ort und Funktion (z.B. das Auge und das Vermögen zu sehen), ein mit internen Regeln ausgestattetes Konkretes, das zugleich einen Bezug zum Allgemeinen hat. Goethe hat— in Auseinandersetzung mit Aristoteles, Kant, und insbesondere Hegel—zu dieser Geschichte gleichsam das Ende beigetragen. Im Folgenden setze ich mich zunächst anhand einer Reihe von Zitaten Albrecht von Hallers mit der Geschichte des Begriffs “Organ” auseinander. Hallers Aussagen über das nicht zu begreifende “Innere” der Natur sind prototypisch für die Naturphilosophie der Frühaufklärung, sie implizieren zudem eine Herausforderung für die nächste Generation: welche Werkzeuge eignen sich zum begreifenden Erfassen der Natur bzw. ermöglichen dieses erst?
Einen Schlüsselmoment dieser Terminologie- und Geistesgeschichte finden wir in Kants Polemik gegen Leibniz in der Kritik der reinen Vernunft (im Folgenden: KdrV). Im Anhang “Amphibolien der Reflexionsbegriffe” (B316– 49/A260–922) erläutert Kant: “Ins Innere der Natur dringt Beobachtung und Zergliederung der Erscheinungen, und man kann nicht wissen, wie weit dieses mit der Zeit gehen werde…” (B334/A278). Die “Dogmatik” der Rationalisten bestehe darin, das “Innere” der Dinge schlechthin (also ohne kritische Zergliederung des Beobachteten) wissen zu wollen. Weil aber “Natur” bei Kant aus analysierbaren Einheiten besteht, die wir im Verschmelzen von Anschauung und Begriff im Urteil konstituieren, reicht seine Analyse (Zergliederung) durchaus bis in die “Natur” hinein—wie weit, wissen wir nicht, denn wir bestimmen mit diesem Konstituieren nicht die von der Anschauung gelieferte Materie selbst. Entscheidend ist eine semantische Verschiebung: Der Begriff des “Inneren” verschiebt sich terminologisch—die Natur, und unser Wissen von ihr, bezieht sich bei Kant bekanntlich nicht mehr auf das problematische Ideal einer (wie auch immer gearteten) direkten begrifflichen Erkenntnis der Dinge (daher der Terminus: “ noumenon”), sondern auf unser (kritisch geläutertes) Wissen um die konstituierte erfahrbare Welt der “Erscheinungen,” zwischen dem apperzeptiven Ich und der ungeformten Materie der Sinne.
Wie auch an anderer Stelle differenziert Kant die Sätze der Rationalisten gemäß ihrer Quellen in der Erkenntnis.
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- Information
- Goethe Yearbook 21 , pp. 191 - 218Publisher: Boydell & BrewerPrint publication year: 2014